Welche Drachenhaut muss bei dir ab?


Welche Drachenhaut muss bei dir ab?

In meiner Predigt am 4. Februar haben wir uns im Rahmen unserer aktuellen Serie "Evangelium.Gemeinde.Kultur" mit 1.Johannes 1,5-10 beschäftigt. Übergeordnet ging es um das Thema Ehrlichkeit. Um besser zu verstehen, wie wir als Christen überhaupt ehrlich miteinander sein können, habe ich die bewegende Geschichte von Eustachius Knilch von C.S. Lewis zu Hilfe genommen. Diese Geschichte hat viele in der Gemeinde bewegt, weshalb ich sie hier auf unserem Blog nochmal erzähle ...

Vom Jungen zum Drachen - und retour!

Eustachius Knilch ist ein Junge, den uns C.S. Lewis etwa in der Mitte seines großen Werks "Die Chroniken von Narnia" (im Buch "Die Reise auf der Morgenröte") vorstellt und er verwendet seinen Charakter, um das Bild eines verdorbenen und darum auch verlorenen Menschen zu zeichnen. Eustachius ist verwöhnt und denkt nur an sich. Aber er landet eines Tages in der Welt von Narnia und sein Leben beginnt sich grundlegend zu verändern ...

Eustachius erlebt ein Abenteuer auf einem Schiff und dieses Schiff legt eines Tages an einer einsamen Insel an. Eustachius, der eigentlich nichts mit den anderen Reisenden auf dem Schiff zu tun haben möchte, stiehlt sich davon und findet auf der Insel eine Höhle mit einem riesigen Schatz. Eustachius denkt dann: "Jetzt bin ich reich. Jetzt kann ich es allen heimzahlen, die böse zu mir waren, die ungerecht zu mir waren oder die mich beleidigt haben. Jetzt bekommen alle ihre gerechte Strafe!". Der Schatz, so die eigensinnige Überlegung von Eustachius, würde ihm die Macht über alles und alle geben. Mit dieser Aussicht schläft Eustachius glücklich und zufrieden auf dem Schatz ein.

Was Eustachius zu diesem Zeitpunkt nicht weiß, ist, dass es sich um den Schatz eines Drachen, eines toten Drachen handelt. Und weil er mit schrecklichen, drachenartigen Gedanken in seinem Herzen eingeschlafen ist, ist er beim Aufwachen selbst zu einem schrecklichen Drachen geworden. Anstatt dass ihn der Schatz zum Herrscher über andere gemacht hat, beherrscht der Schatz jetzt Eustachius. Und bald erkennt Eustachius, dass es keinen Ausweg gibt. Er kann nicht zurück zu den anderen Reisenden aufs Schiff und so wie er ist, bleibt ihm im Grunde nur Einsamkeit und – wie dem Drachen vor ihm – der Tod auf der Insel. Und Eustachius beginnt zu verzweifeln ...

Eines Tages begegnet Eustachius dann dem Löwen Aslan, in der Welt von Narnia ist der Löwe Aslan das Bild für Jesus. Aslan führt Eustachius zu einer Quelle mit klarem Wasser und fordert ihn auf, sich auszuziehen und hineinzuspringen. Eustachius wundert sich zunächst, begreift dann aber, dass er als Drache wie eine Schlange seine Haut abziehen kann. Und so beginnt er, an seinen Schuppen zu nagen und seine Haut abzukratzen – und merkt schnell begeistert, dass seine Drachenhaut tatsächlich abgeht, nur um dann aber enttäuscht festzustellen, dass darunter nur eine neue – oder noch eine – Drachenhaut ist. Eustachius versucht das Ganze ein zweites Mal, ein drittes Mal, aber immer ohne Erfolg. Er kann von sich aus seine Drachenhaut nie ganz abziehen. Am Ende sagt Aslan: "Ich muss das für dich tun!".

Die Geschichte von Eustachius nimmt ein gutes Ende. Eustachius kommt später geläutert und als Junge wieder zum Schiff zurück und erzählt den anderen Reisenden von seiner lebensverändernden Begegnung mit dem Löwen Aslan ...

Der erste Riss war so tief, dass ich dachte, er ginge bis ins Herz. Als der Löwe begann mir die Haut abzuziehen, da schmerzte es schlimmer als alles, was ich jemals gespürt habe. Ich konnte es nur deshalb aushalten, weil es sich so gut anfühlte, als meine Drachenhaut endlich abging. Er zog das schreckliche Zeug einfach ab – so wie ich dachte, ich hätte es die drei Male vorher getan, bloß hatte es da nicht wehgetan –, und da lag es auf dem Gras; nur war diese Haut viel dicker und dunkler und warziger als die Vorherigen. Dann packte mich der Löwe und warf mich ins Wasser. Es brannte wie die Hölle, aber nur für einen Augenblick. Dann wurde es ganz herrlich und sobald ich zu schwimmen und zu plantschen begann, merkte ich, dass der Schmerz weg war. Ich hatte mich wieder in einen Jungen verwandelt.

Wie kann uns diese Geschichte helfen, 1.Johannes 1,5-10 besser zu verstehen und ehrlicher miteinander zu sein?

Wir tragen alle Drachenhaut

Im Kern illustriert diese Geschichte die wunderbare Erlösung, die jeder von uns durch Jesus Christus erfahren darf, und wie sie unser Leben und alles in unserem Leben ganz grundsätzlich verändern kann. Ein sehr hilfreiches Bild in dieser Geschichte kann für uns das Bild der Drachenhaut sein, denn wahrscheinlich tragen wir alle irgendwo so eine dicke, warzige, grässliche Drachenhaut. Eine äußere Hülle, in der wir uns oft verstecken, die aber eigentlich unser Innerstes entstellt und uns von anderen Menschen und von Gott trennt. Die eine Distanz schafft und echte Nähe und tiefe Beziehungen verhindert.

Was könnte das bei dir sein? Was lässt bei dir so eine Drachenhaut wachsen? Ist es eine Sicherheit, ein Status, an den du dich klammerst, weil du meinst, ohne ihn keinen Wert zu haben? Ist es ein verletzter Stolz, den du nicht überwinden kannst? Sind es deine Ansichten und Überzeugungen, die du pflegst wie einen Schatz, die du aber nicht hinterfragt und somit gefährdet sehen willst, weil du dich zu sehr über sie definierst? Sind es Versuchungen, denen du dich immer wieder hingeben musst? Oder ist es, so wie bei Eustachius, in Wahrheit einfach nur der tiefe Wunsch geliebt und angenommen zu werden, der dich aus Angst vor Enttäuschung oder Ablehnung ironischerweise dann selbst lieblos und unnahbar macht? Was immer es auch ist: Diese Hülle, diese Drachenhaut muss ab!

Unsere Drachenhaut muss ab

Und das ist das zweite Bild der Geschichte, welches uns helfen kann. Denn allein bekommen wir unsere Drachenhaut nicht ab. Von uns aus kratzen wir immer nur an der Oberfläche. Immer nur gerade so viel, dass es nicht weh tut, dass sich nicht wirklich etwas verändert.

Der Aspekt wie ehrlich wir mit unserer Drachenhaut umgehen, also mit unseren Sünden, mit unserem Versagen, mit den Fehlern in unserem Leben, ist entscheidend für unsere Beziehung mit Jesus und für unser Miteinander als Christen. Wie wir in unserem persönlichen Leben und auch im Leben von anderen nämlich über Sünde denken oder auf Sünde reagieren bringt zum Ausdruck, ob wir das Evangelium von Jesus Christus wirklich im Herzen tragen - oder "ob die Wahrheit in uns Raum hat" (1.Johannes 1,10). Wenn wir nämlich das Evangelium von Jesus im Herzen tragen, dann sind Sünde und Versagen für uns keine existenziellen Bedrohungen mehr. Dann sind Sünde und Versagen nichts mehr, was wir vor Jesus und voreinander verstecken müssen. Dann sind Sünde und Versagen auch nichts mehr, was uns dazu verleitet unehrlich zu sein, weil wir uns schämen. Wir brauchen nicht stolz sein auf Sünde und Versagen, es darf uns enttäuschen und schmerzen, aber gleichzeitig dürfen wir wissen, dass das Licht Gottes heller als alles andere ist. Die Dunkelheit unserer Sünde ist nie größer als das Strahlen vom Kreuz Jesu. Und unsere Schuld ist nie größer als die Vergebung, die Heilung, die von Jesus kommt. Und unser Heilungsprozess beginnt, sobald wir zulassen, dass Jesus unsere Drachenhaut abreißt. Indem wir unsere Sünden und unser Versagen bekennen und zulassen (1.Johannes 1,9), dass Jesus uns rein macht, ist die Grundlage für echte, ehrliche Gemeinschaft da. Denn mit dem Blick aufs Kreuz leben wir im Licht (1.Johannes 1,7)!

Dieses "Leben im Licht" fällt uns oft schwer, denn schwierige Zeiten, Enttäuschungen und negative Erfahrungen gehören zum Leben dazu. Sie sind nicht zu verhindern. Viele von uns haben Heilung schon erlebt, aber die Reise mit Jesus ist ein Auf und Ab, mal sind wir besser, mal schlechter unterwegs.

C.S. Lewis beschreibt die Reise von Eustachius am Ende mit diesen Worten:

Es wäre schön, wenn man sagen könnte, dass Eustachius von dieser Zeit an ein anderer Junge war, aber es entsprach nur fast der Wahrheit. Wenn man ganz genau sein will, so begann er, ein anderer Junge zu sein. Doch er hatte Rückfälle. Aber … die Heilung hat begonnen.

"Die Heilung hat begonnen". Diese Aussage trifft auch auf uns zu. Auch unsere Heilung ist kein Punkt auf einer Lebens-Checklist, den wir irgendwann abgehakt haben, sondern ein Prozess. Und das soll uns immer in Demut vor das Kreuz von Jesus bringen. Und im Bewusstsein, dass wir jeden Tag neu von Jesus abhängig sind.

Die komplette Predigt kannst du auf unserer Website oder auf Spotify nachhören.

Bild künstlich generiert mit Adobe Firefly.


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